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➪ Zur Lage der arbeitenden Klasse in Deutschland Audiomitschnitt des Vortrags vom 01.11.2023 auf farbeROT Frankfurt
Der Gesundheitsminister klagt an, dass es im deutschen Gesundheitswesen nicht weitergehen kann wie bisher. Das Geschäft mit der Gesundheit geht zulasten der Patienten: mit unangemessenen Operationen die Bilanz aufzubessern, ist in hiesigen Krankenhäusern flächendeckende Normalität, und es herrscht Pfusch, wohin man schaut.
Die Verantwortung dafür sieht Lauterbach vor allem bei sich und seinen Amtsvorgängern. Von der Politik seien in der Vergangenheit Fehlanreize gesetzt worden, die den geschäftstüchtigen Krankenhausbetreibern die ungesunden Praktiken nahelegt haben, anstatt für einen effizienten Dienst am Patienten zu sorgen.
Damit es dabei nicht bleibt, setzt er sich für eine „Revolution“ im Gesundheitswesen ein: Mehr Transparenz für Patienten, damit die den Pfusch in deutschen Krankenhäusern künftig umgehen können; eine teilweise Abkehr von den Fallpauschalen, weil die zu unnötigen Operationen geradezu einladen. Der Mann kennt seine Krankenhäuser eben allzu gut und weiß, wie in ihnen gerechnet wird.
Welche neuen ewigen Widersprüche des kapitalistischen Gesundheitswesens er auf den Weg bringt, wenn er mit seinem neuen System die Ansprüche an eine volksfreundliche, zugleich bezahlbare und für die Krankenhausbetreiber lohnende Krankenversorgung heilsam neu kombinieren will, darüber wollen wir diskutieren.
Wann: | Dienstag, 02. Juli 2024, um 19.00 |
Wo: | Seminargebäude Pilgrimstein 12, Raum 101, Marburg |
Referent: Ein Redakteur der Zeitschrift GegenStandpunkt
Freie Wahlen werden amtlich als Kernstück der Demokratie geschätzt. In der Demokratie, heißt es, wird nicht einfach regiert – das Volk erteilt per Abstimmung den Auftrag zur Wahrnehmung der Staatsgeschäfte.
Weniger amtlich betrachten Politiker wie Wähler diese Veranstaltung ohne solche Ehrerbietung. Demokratische Politiker nehmen Wahlen nüchtern als Bedingung und Gelegenheit, auf Kosten der Konkurrenten an die Macht zu gelangen. Und mündige Bürger haben Wahlen längst als Schwindel durchschaut. Wählen gehen sie selbstbewusst ohne Illusionen, damit etwas zu „bewirken“ oder zu „verändern“.
Sowohl die hohe Meinung über die hehren Grundsätze demokratischer Machtausübung wie auch das abschätzige Urteil über die praktische Betätigung des Volkswillens übergehen allerdings, was das Institut der freien Wahlen tatsächlich leistet: Mit den Wahlkreuzen legitimiert sich immerhin eine Herrschaft, die sich auf ihre Unabhängigkeit von ihrer Basis – vom „Druck der Straße“ – viel zugute hält und von ihrer Freiheit regen Gebrauch macht. Und auch wenn es aufgeklärten Zeitgenossen „letztlich doch egal“ ist, von wem sie regiert werden; egal sollte es ihnen nicht sein, dass sie von ihrer demokratisch gewählten Herrschaft alle Lebensbedingungen serviert bekommen, mit denen sie praktisch zurechtkommen müssen.
Wann: | Mittwoch, 24. April um 19.00 Uhr |
Wo: | Marburg, Seminargebäude in Raum 305 (+3/0050), Pilgrimstein 12 |
mit einem Redakteur der Politischen Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt im Rahmen der Marxistischen Einführungswoche
Jetzt
doch irgendwann:
Europäische
Soldaten für Kiew?
(Auszug aus dem Editoral des Gegenstandpunkt 1-24)
Der deutsche Bundeskanzler begründet seine Absage an die Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine: Deren zweckmäßiger Einsatz wäre ohne Mitwirkung deutscher Soldaten vor Ort nicht zu machen; das käme einer Verwicklung direkter Art in den Ukraine-Krieg gleich; die will er vermeiden. Die menschlichen Opfer und fälligen Verwüstungen sollen weiterhin ausgelagert bleiben. Damit erntet er die Kritik: Wieder einmal zögert der Kanzler das Notwendige, das zur Verteidigung der Ukraine und Europas Überfällige in unverantwortlicher Weise hinaus – bis es dann doch, aber mal wieder zu spät, gemacht wird. Vorauseilend stricken die notorischen Friedensfreunde von der FDP, den Grünen und den C-Parteien an einer neuen Dolchstoßlegende; mit der Ukraine und der Weltordnung in der Rolle des Opfers.
Für den französischen Präsidenten folgt aus dem für den Westen unbefriedigenden Fortgang des großen antirussischen Freiheitskampfes: Der Einsatz eigener, von europäischen Ukraine-Freunden mobilisierter Bodentruppen darf nicht ausgeschlossen werden. Diese Konsequenz lehnen führende Repräsentanten der regierenden Koalition und der C-Opposition strikt ab (nicht so strikt die notorische Mutter Courage von der FDP). So weit reicht der bundesdeutsche Konsens, wenigstens offiziell, also noch: Waffen, mit denen ukrainische Soldaten russische Kräfte auch weit hinter der Front effektiv ausschalten können – jede Menge, jederzeit, unbedingt. Aber das mörderische Kriegselend dürfen weiterhin die Freiheitshelden ukrainischer Nationalität übernehmen. Also doch nicht, so wie von Macron angemahnt, alles dafür, dass Russland den Krieg verliert? Oder gilt dieses ‚Nein‘ auch wieder nur ‚bis auf Weiteres‘, bis die NATO-Arsenale wieder aufgefüllt sind und die Panzerproduktion ins Rollen gekommen ist?
Mal anders gefragt, an die Adresse der aufgeschreckten christlichen und regierenden Nein-Sager: Was haben die sich denn dabei gedacht, wenn sie über zwei Jahre Krieg lang nicht müde geworden sind, einen Sieg über Russland zu ihrer Sache – zum Herzensanliegen Deutschlands und folglich ungefragt zu unser aller Pflicht – zu erklären? Wenn sie über das enorme Maß der praktizierten indirekten Kriegführung des vereinigten Westens hinaus immer noch mehr Waffen, eine quantitativ und qualitativ schrankenlose Eskalation des Gemetzels herbei-gefordert haben? Wenn sie jede Erinnerung an die abschreckende Wucht der Atomwaffen Russlands als völlig übertriebene, weil grundlose Feigheit vor dem Feind abgewiesen haben?
Was auch immer sie sich gedacht haben und jetzt denken: Partei ergriffen haben sie erstens für Krieg. Zweitens für Krieg als Mittel, Russland fertigzumachen, um eine europäische Staatenordnung gemäß ihrer weltpolitischen Räson durchzusetzen. Drittens für einen Krieg mit und auf Kosten der Ukraine als Werkzeug. Woraus zu schließen ist:
Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegen andere Gewaltmonopolisten zu fassen und für deren Durchsetzung Krieg zu machen, gehört zum Berufsbild von Leuten, die erfolgreich beschlossen haben, Politiker zu werden.
Krieg gegen Russland, bis es von seinem ausgreifenden Sicherheitsbedarf an seiner Westgrenze Abstand nimmt und sich als Weltmacht geschlagen gibt, gehört zur Staatsräson der als NATO organisierten Mächte, speziell der auf europäische Führungsmacht erpichten Nationen Deutschland und Frankreich, weil Russland mit seiner Kriegsmacht die Vollendung der westlichen Vorherrschaft in der Welt und insbesondere in Europa blockiert und dieser Staat seinen Einspruch gegen die Vormacht des Westens kriegerisch geltend macht.
Kriegführung beschränkt auf die Ukraine und das russische Hinterland als Schauplatz folgt dem weltpolitischen Zweck Deutschlands und seiner NATO-Partner, der russischen Militärmacht ihre Existenz zu bestreiten, ohne die eigene Existenz als Zentralen des Weltgeschehens aufs Spiel zu setzen.
Mit seinem Vorstoß zum Einsatz europäischer Bodentruppen in der Ukraine macht Macron die Entscheidungssituation kenntlich, die in dem Kriegszweck des Westens enthalten ist und auf die der Krieg zusteuert: Ist der Sieg über Russland jetzt die viel und laut beschworene weltpolitische Existenzfrage der NATO-Mächte – inklusive oder auch ohne USA – ? Oder macht der Westen eine russische Niederlage bis zuletzt zur Existenzfrage allein für Selenskyjs Ukraine?
Die Freiheit, diese Frage gemäß den strategischen Bedürfnissen des Westens zu beantworten, bedarf einer Voraussetzung, die in Deutschland erst noch her- oder jedenfalls fertiggestellt werden muss: Das liebe friedensverwöhnte Volk muss erstens militärisch aufgerüstet und zweitens darauf vorbereitet und eingestimmt werden, dass es sich das Projekt Kriegstüchtigkeit praktisch gefallen lässt und leitkulturell Gefallen daran findet. Bis dahin gibt es noch einiges zu tun. Aber so wie die Rüstungsindustrie in Sachen Hardware, so arbeiten Politik und Öffentlichkeit in Sachen Wille und Bewusstsein an einem Erfolg. Dabei gibt es im Bereich der moralischen Aufrüstung gegen Putins Reich des Bösen nichts wirklich Neues – allenfalls die frohe Aussicht, am Boom der Rüstungsaktien zu verdienen, wenn man genug Geld und den richtigen Vermögensberater hat. Ansonsten gibt es die seit zwei Jahren gewohnte Hetze in immer neuen Auflagen.
Ein produktiver Beitrag zu nationaler Einsichtigkeit in der Kriegsfrage ist aus anderer Richtung zu verzeichnen: Wie die Gewalt des Guten mit einer blutigen Herausforderung durch das Böse fertigzuwerden hat, fertigwerden darf und muss, dafür bietet der Krieg Israels gegen die Hamas in Gaza ein aufbauendes Beispiel. Jedenfalls gemäß der hierzulande allein zulässigen Lesart: Ein terroristischer Überfall berechtigt, nein: verpflichtet die überfallene Staatsgewalt zur Anwendung von allem, was sie an Mitteln hat, und das ganz nach eigenem Ermessen. Opfer, auch wenn sie in die Zehntausende gehen, sind kein Einwand gegen den guten Zweck. Diese Einsicht ist im Sonderfall Israel für Deutschland zwar ein moralischer Sonderfall. Aber so besonders ist er dann doch nicht, dass er sich nicht auf den näher liegenden Fall Ukraine übertragen ließe: Auch dafür gibt er eine brauchbare Lehre her für den schlüssigen Zusammenhang zwischen Staatsräson, Militärgewalt und gutem staatsbürgerlichem Gewissen. Man darf sich nur nicht durcheinanderbringen lassen, für welche Opfer das Stichwort Genozid noch zu schwach und für welche es absolut verboten ist.
Wann: | Freitag, 5. April 2024, 18:00 Uhr |
Wo: | Institut Sozial- und Kulturanthropologie, Deutschhausstraße 3; Hörsaal 109, Marburg |
Was: | Diskussion mit einem Redakteur der Politische Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt |
Anlässlich des Vortrags vom 23.01.2024 (siehe: unten) zum o.g.Thema wollen wir über folgendes diskutieren:
Seit über anderthalb Jahren tobt in der Ukraine ein Krieg: staatliche russische gegen ukrainische Gewalt in bekannt gigantischem Ausmaß. Deutsche Außenpolitikerinnen haben diesen Krieg – von dem sie permanent erklären, dass er wegen eines Mangels an deutschem Waffennachschub keinesfalls enden darf und wird – ihrem Volk vom ersten Tag an als moralische Sache vorgelegt: Russland ist schuld an der schlimmen Gewalt, die Ukraine hat alles Recht, sich zu verteidigen, also mit mindestens demselben Maß an Gewalt zu antworten.
Argumente dafür gibt es allerhand. Die zielen alle darauf, dass der Mensch sich gleich in Form der gewünschten Antwort die Frage vorlegt, wer von den beiden in Kiew und Moskau residierenden Kriegsherren darf, was er tut, und wer nicht. Im Ernst soll man als der Wicht, der man bloß ist, sich in die Pose des Richters über die Gewalt von Staaten begeben, die weit jenseits dessen liegt, woran man als Individuum praktisch mit seinem Urteil überhaupt heranreicht. Obwohl die längst und immer weiter stattfindende Gewalt belegt, dass sich deren staatliche Kommandeure vom eigenen Urteil darüber, ob man sie selbst erlaubt hätte, wenn sie einen nur vorher gefragt hätten, genauso wenig abhängig machen, wie von der„Verurteilung“, also dem ideellen Verbot, das man ihnen noch nicht einmal förmlich zustellen kann.
Auf die ganz verkehrte Frage, ob Staaten ihre Kriege erlaubter- oder unerlaubterweise gegeneinander führen, gibt es darum auch in diesem Fall ausschließlich verkehrte Antworten. Die bestehen stets in dem Fehler, ausgerechnet die politisch begründete Gewalt von Staaten mit den Maßstäben menschlicher Moralvorstellungen und Empfindungen zu beurteilen, obwohl Menschen nichts als die Manövriermasse und das Verschleißmaterial der kriegführenden Höchsten Gewalten sind.
Insbesondere soll diskutiert werden, was es mit folgenden Stellungen/Fragen auf sich hat, mit denen sich das öffentliche Meinen in Deutschland höchst einfühlsam und konstruktiv auf die aktuellen Kriege bezieht:
Wann: | Dienstag, 06. Februar 2024, um 19.00 |
Wo: | Seminarraum 201, Seminargebäude Pilgrimstein 12, Marburg |
Gastreferent: Prof. Dr. Egbert Dozekal
➪ Zum Vortragsmittschnitt
Wann: | Dienstag, 23. Januar 2024, um 19.00 |
Wo: | Raum 305, Seminargebäude Pilgrimstein 12, Marburg |
Seit über anderthalb Jahren tobt in der Ukraine ein Krieg: staatliche russische gegen ukrainische Gewalt in bekannt gigantischem Ausmaß. Deutsche Außenpolitikerinnen haben diesen Krieg – von dem sie permanent erklären, dass er wegen eines Mangels an deutschem Waffennachschub keinesfalls enden darf und wird – ihrem Volk vom ersten Tag an als moralische Sache vorgelegt: Russland ist schuld an der schlimmen Gewalt, die Ukraine hat alles Recht, sich zu verteidigen, also mit mindestens dem- selben Maß an Gewalt zu antworten.
Argumente dafür gibt es allerhand. Die zielen alle darauf, dass der Mensch sich gleich in Form der gewünschten Antwort die Frage vorlegt, wer von den beiden in Kiew und Moskau residierenden Kriegsherren darf, was er tut, und wer nicht. Im Ernst soll man als der Wicht, der man bloß ist, sich in die Pose des Richters über die Gewalt von Staaten begeben, die weit jenseits dessen liegt, woran man als Individuum praktisch mit seinem Urteil überhaupt heranreicht. Obwohl die längst und immer weiter stattfindende Gewalt belegt, dass sich deren staatliche Kommandeure vom eigenen Urteil darüber, ob man sie selbst erlaubt hätte, wenn sie einen nur vorher gefragt hätten, genauso wenig abhängig machen, wie von der „Verurteilung“, also dem ideellen Verbot, das man ihnen noch nicht einmal förmlich zustellen kann. Auf die ganz verkehrte Frage, ob Staaten ihre Kriege erlaubter- oder unerlaubterweise gegeneinander führen, gibt es darum auch in diesem Fall ausschließlich verkehrte Antworten. Die bestehen stets in dem Fehler, ausgerechnet die politisch begründete Gewalt von Staaten mit den Maßstäben menschlicher Moralvorstellungen und Empfindungen zu beurteilen, obwohl Menschen nichts als die Manövriermasse und das Verschleißmaterial der kriegführenden Höchsten Gewalten sind.
Von der Natur dieses hohen Gutes, das so viele Leichen wert ist, handelt der Vortrag.
Ort: | Marburg, Neues Seminargebäude Raum 201, Pilgrimstein 12 (gegenüber Parkhaus) |
Zeit: | Dienstag, 14. November, um 19.00 |
"Die Lage der Arbeiterklasse" – was soll das sein? Eine Geschichtsstunde über das 19. Jahrhundert, Manchester? Oder über die stolze Vergangenheit des Ruhrgebiets mit seinen Kohlekumpeln? Oder über den unterdrückerischen Arbeiter-und-Bauern-Staat im deutschen Osten, den es längst nicht mehr gibt?
Überhaupt: "Arbeiter"? Wer heutzutage so daherredet, macht sich lächerlich, outet sich als dogmatischer marxistischer Romantiker. Denn jeder weiß doch: Große Industriebelegschaften in Blaumännern sind total out, sie sind kein passendes Bild für die heutige Berufswelt, denn die ist vor allem unverkennbar vielseitig und bunt.
Stimmt. Da verdienen Liefer-Helden und Digital Natives mit ihrem Laptop bzw. auf dem Fahrrad Geld, ganz frei und individuell. Es gibt Jobs für alle Kompetenzniveaus, persönlichen Vorlieben und auch für knappe Zeitbudgets, und jeder Posten steht allen Geschlechtern offen. In den Büros, den klassischen wie denen im eigenen Wohnzimmer, wird KI- und Cloud-gestützt gearbeitet, ohne antiquierte Stechuhr zu Vertrauensarbeitszeiten …
Und? Gibt es da etwa keinen gemeinsamen Nenner? Kennt den nicht auch jeder, irgendwie?
Die modernen Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse hinter all dem bunten Lack und den vielen Buzzwords mögen alles Mögliche sein, in seltsamer Eintönigkeit sind sie vor allem ziemlich prekär. Das gilt denselben Leuten, die über die neuen digitalen Möglichkeiten so gerne staunen, inzwischen als so normal, dass ausgerechnet die biederen, bescheidenen Arbeits- und Lebensverhältnisse der Blaumänner aus dem vorigen Jahrtausend wie ein ferner Traum anmuten: „Diese Zeiten“, so hört man, mit lebenslanger Betriebszugehörigkeit, „Samstags gehört Vati mir“ und geregeltem Feierabend, sind für die Masse der erwerbstätigen Menschheit „nun mal einfach vorbei“. Wer sich heutzutage zur Stammbelegschaft in einem großen Industrieunternehmen zählen darf, um die sich nebenbei noch eine gewerkschaftliche Lobby kümmert, gilt da schon als jemand, der es gut getroffen hat …
Auf unserer Veranstaltung bieten wir eine abweichende Bilanz über die modernen Arbeitsverhältnisse in Deutschland und darüber, wie sehr die politische Obrigkeit in all ihrer Zuwendung – beispielsweise in der aktuellen Inflationslage – praktisch davon ausgeht, dass sie es bei ihrem Erwerbsbürgervolk nach wie vor mit einer lohnarbeitenden Klasse zu tun hat. Auch wenn von der niemand mehr etwas wissen will; am wenigsten die Betroffenen selbst.
Ort: | Marburg, Neues Seminargebäude, Raum 305 (+3/0050), Pilgrimstein 12 (gegenüber Parkhaus) |
Zeit: | Montag, 30. Oktober, um 19.00 |
Im Februar 2023 rufen Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer und andere mit ihrem "Manifest für Frieden" zu einer Demonstration 2023 in Berlin auf. Die Autorinnen verurteilen den Krieg in der Ukraine im Namen seiner Opfer. Sie fordern seine sofortige Beendigung, weil er immer mehr Leben und Lebensgrundlagen zerstört und womöglich noch weitere, ganz Europa erfassende Kreise zieht. Das ist menschlich gedacht.
Politisch ist es gewollt blind. Denn immerhin sind sie mit drei Kriegsparteien konfrontiert, denen die Opferzahlen noch besser bekannt sind als ihnen und die allesamt Kriegsziele verfolgen, die ihnen die Leichen absolut lohnend erscheinen lassen. Die Kriegsziele von Russland, der ukrainischen Führung und des vereinten NATO-Westens machen die Verfasserinnen des Manifests aber gar nicht zum Gegenstand ihrer Kritik; mit denen legen sie sich nicht an. Ihre Absage gilt allein dem Krieg, der aus diesen Zielen folgt.
Über dieses "Manifest für Frieden" - nachzulesen unter www.change.org/p/manifest-für-frieden - wollen wir diskutieren.
Ort: | Marburg, Neues Seminargebäude, Raum 010 (00/0100), Pilgrimstein 12 (gegenüber Parkhaus) |
Zeit: | Donnerstag, 05. Oktober 2023, um 19.00 Uhr |
Der Klimapolitik der deutschen Regierungen wird seit Jahr und Tag von den Klimaaktivisten kein gutes Zeugnis ausgestellt: Die Zielsetzungen und Maßnahmen seien nicht ambitioniert genug, zu gering, zu spät, um der Klimakatastrophe wirksam zu begegnen. Die Regierung würde also insgesamt zu wenig für den Klimaschutz tun.
Die Politiker lassen sich einerseits gerne daran messen, dass es ihnen mit ihrer Energiepolitik um Klimapolitik ginge. Andererseits stellen sie klar, dass sie nur so gehen kann, wie und wozu sie sie beschlossen haben und mit den entsprechenden Gesetzen und Milliardenbeträgen auf den Weg gebracht haben; und zwar so:
„Erneuerbare Energien leisten nicht lediglich einen Beitrag zur Energiesicherheit und Versorgung. Erneuerbare Energien lösen uns von Abhängigkeiten. Erneuerbare Energien sind deshalb Freiheitsenergien“. (Christian Lindner im Bundestag, Bundestagsdebatte zum Ukraine-Krieg 2/2022)
Freiheit von was und wem? Freiheit von Abhängigkeiten: von wem? Warum ist das überhaupt von Bedeutung, wo doch andererseits der gemeinsame Kampf der Nationen gegen den Klimawandel hochgehalten wird.
Nun gilt es, die Energiewende massiv zu beschleunigen. Denn nur so gelingt langfristig eine günstige, unabhängige und sichere Energieversorgung, die gleichzeitig unser Klima schützt.“ (Klimafreundliche und krisensichere Energieversorgung, bundesregierung.de, 16.01.2023)
Warum muss die Energieversorgung sicher sein, bzw. gegenüber wem oder was muss die Sicherstellung erfolgen? Warum muss die Energieversorgung auch noch günstig sein? Sind das die Bedingungen, damit von Deutschland unser Klima geschützt wird?
„Für mich ist die Transformation hin zur Dekarbonisierung Teil einer Wachstums- und Fortschrittsagenda. Wenn wir es richtig anstellen, entstehen neue Beschäftigung, neue Exportchancen und neue Quellen des Wohlstandes.“
Von welcher Partei im Bundestagswahlkampf 2021 ist dieses Zitat?
Das ist die Klarstellung, die sich durch alle Parteiprogramme, die Klimarettung zum Inhalt haben, durchzieht: Auf das Wachstum kommt es an! Dem ist die Entwicklung der Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen untergeordnet, das Wachstum in Deutschland soll durch den Export deutscher Technologie in die ganze Welt bewerkstelligt werden.
Warum gibt es für Deutschland nichts Schlimmeres, als wenn diese Technologien aus China und den USA importiert würden? Warum soll man nicht jeden Fortschritt in der Entwicklung der Technologien zur Dekarbonisierung gut heißen? Es geht doch schließlich um die Rettung der Menschheit. Oder geht die nur so weit, wie die Dekarbonisierung unter den Bedingungen des Wachstums der gegeneinander konkurrierenden großen Nationen zustande kommt?
Diese Fragen sollen auf der Veranstaltung u. a. beantwortet werden.
Ort: | Hörsaalgebäude, Raum 00/0080, Biegenstraße 14, Marburg |
Zeit: | Montag, 17. Juli 2023, 19:00 Uhr |
Die Letzte Generation hat mit ihren diversen Störaktionen etwas erreicht, was sich hierzulande überhaupt nicht von selbst versteht: Sie hat Aufmerksamkeit
erfahren, eine öffentliche Befassung mit ihr und ihrem Anliegen – bis hinein in die deutschen Leitmedien und sogar durch einige Parteifunktionäre von Rang
und Namen. Sehr bald hat sich unter den vielen Rezensenten ein recht weitgehender Konsens gebildet:
1. Was die deutsche Politik in der Klimafrage betreibt, dürfen die Aktivisten ruhig schlecht finden – dafür haben die sogar gute Gründe.
2. Ihren Ärger darüber sollen sie ruhig publik machen, die Politik lauthals anklagen und für ihre Anklage auch Werbung machen – das ist ihr gutes demokratisches Recht.
3. Die praktische Missachtung ihrer Einwände haben sie sich gefallen zu lassen – das ist ihre demokratische Pflicht.
Der Rechtsstaat behandelt sie in Gestalt von Polizei und Justiz als Rechtsbrecher und bestraft die Aktivisten nach den einschlägigen §§. Mehr noch: Die ganze Organisation wird kriminalisiert und unter den Verdacht des Terrorismus gestellt.
Was ihr so auf allen Kanälen mitgeteilt wird, ist insofern eine erzdemokratische Tatsache: Das ausgeprägte Klimabewusstsein und die akute Angst dieser Aktivisten in allen Ehren, es steht ihnen schlicht nicht zu, über die Pflichten und Prioritäten der Politik zu entscheiden. Die zu irgendetwas zwingen zu wollen, und sei es bloß zu dem, wozu die sich irgendwann vertraglich verpflichtet hat: Dazu haben diese Leute nicht das Recht, denn dazu haben sie nicht die Macht. Die liegt bei den aktuellen Machthabern im Parlament und in der Regierung. Dort und nirgends sonst gehört sie hin; so will es das demokratische Verfahren.
Bei dieser Befassung mit der Letzten Generation, wo es hauptsächlich um die Zulässigkeit ihrer Protestformen geht, geht unter bzw. interessiert kaum jemanden, wie es um die Richtigkeit der Vorstellungen der Letzten Generation von Gesellschaft, Demokratie und Politik bestellt ist.
Einerseits kritisiert die Letzte Generation die Politik sehr prinzipiell:
„Wir sind erschüttert, dass Sie als Verantwortliche in diesem Land nicht einmal anstreben, das Notwendige zu tun, um diesen Kollaps des Klimas zu verhindern.
Dass die Ziele, die Sie sich setzen, nicht mit der Realität vereinbar sind.““
Andererseits hat die Letzte Generation die Hoffnung, dass sie genau diese Politiker mit ihren Protesten gegen sie für das Anliegen der Letzte Generation einnehmen kann, dass die ihre bisherige Politik sein lassen und stattdessen den Kampf gegen die Klimakatastrophe zu ihrer höchsten Aufgabe machen:
„Deswegen wollen wir die Menschen in der Bundesregierung nicht besiegen, weder durch Worte noch durch Taten. Wir wollen ihnen die Hand reichen, damit sie ab jetzt ihrer Verantwortung vor der Verfassung nachkommen können.“ (letztegeneration.de/verfassungsbruch)
Nach dem Scheitern der Letzten Generation – ihr Anliegen wird von der Regierung abgewiesen bzw. in der Regierungsverantwortung als gut aufgehoben beschieden – will die Letzte Generation die Regierung doch noch dazu bringen, wozu es der – eigentlich – selbst ginge und wovor sie nach Auffassung der Letzten Generation versagt: die Klimakatastrophe zu verhindern.
„Die Regierung versagt darin, auch nur erste Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen. Wir fordern einen Gesellschaftsrat. (…) Angesichts der existenziellen Bedrohung
durch die Klimakatastrophe wollen wir, dass die Gesellschaft in einer Notfallsitzung zusammenkommt.
Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, einen Gesellschaftsrat einzuberufen, der Maßnahmen erarbeitet, wie Deutschland bis 2030 die Nutzung fossiler Rohstoffe beendet.
Wir fordern, dass die Regierung, die mit den erarbeiteten Maßnahmen und Gesetzesvorhaben nötige Überzeugungsarbeit im Parlament leistet.
Wir fordern, dass die Regierung öffentlich zusagt, nach Verabschiedung der Gesetze diese in einer beispiellosen Geschwindigkeit und Entschlossenheit umzusetzen.“
(Ausschnitt aus letztegeneration.de/forderungen)
Die Letzte Generation fordert von der Regierung ihr Versagen einzugestehen und eine Institution einzurichten, die sie dazu bringen soll, ihren – von der Letzten Generation unterstellten – eigentlichen Willen und den eigentlichen Willen der Mehrheit der Bürger umzusetzen.
So ist die Idee eines Gesellschaftsrates ein Dokument des Misstrauens gegenüber den herrschenden Politikern und gleichzeitig ein Dokument des prinzipiellen Vertrauens in die Politik, den Staat und die Demokratie.
Darüber wollen wir mit euch diskutieren:
Was sind die Auffassungen der Letzten Generation zu Staat, Demokratie und Gesellschaft und was ist von ihnen zu halten?
Ort: | Hörsaalgebäude, Raum +1/0120, Biegenstraße 14, Marburg |
Zeit: | Donnerstag, 29. Juni 2023, 19:00 Uhr |
Hat die Letzte Generation recht, wenn sie auf die Klimakatastrophe hinweist, auf deren dramatische Konsequenzen und die Dringlichkeit ihrer Bekämpfung?
Hat sie recht damit, dass die Regierung nicht entsprechend handelt; dass der ganze unter „Klimapolitik“ laufende Umbau der Wirtschaft nicht geeignet ist, das Überschreiten von Kipppunkten zu verhindern; dass die Regierung vielmehr mit ihrer Förderung des nationalen Geschäftswachstums laufend zur Zerstörung der globalen materiellen Lebensgrundlagen ihren gewichtigen Teil beiträgt?
Das ist einfach nicht die Frage, am wenigsten für die Letzte Generation selbst. Dass sie recht hat, ist ihr ganzer Ausgangspunkt: Wissenschaftlich ist das keine Frage mehr, gesellschaftlich gibt es keine entscheidende Fraktion, die das noch leugnen würde, keine Partei bis auf die AfD verzichtet auf Klimaschutz in ihrem Programm, und rechtlich sieht sie sich durch das Bundesverfassungsgericht, also letztlich durch die Verfassung selbst bestätigt: „Ob Klimaschutz gemacht wird oder nicht, steht nicht zur Debatte. Das ist durch unser Grundgesetz festgeschrieben.“ (siehe letztegeneration.de/verfassungsbruch).
Zugleich wissen ihre Aktivisten aus ein paar Jahren Klimaprotesten von ‚Fridays for Future‘ und anderen, dass es ihnen überhaupt nichts bringt, recht zu haben: Die Politik hat ihnen in ihrem Anliegen zur Menschheitsrettung eine praktische Absage nach der anderen erteilt; dazu hat sie sowohl den Willen als auch die Mittel.
Auch für die Politik und den Rechtsstaat ist es keine Frage, ob die Letzte Generation recht hat, allerdings nicht, weil das – wie für die Aktivisten – sowieso außer Frage stünde – sondern weil für sie der Inhalt des Protests keine Rolle spielt.Dementsprechend begegnen die regierenden Politiker u.a. den Protesten der Letzten Generation:
„Wenn ich vor der Entscheidung stehe, ob ich keinen Klimaschutz, also weiter so bei der Kohleverstromung mache, oder ob ich mehr Klimaschutz mache, auch wenn es nicht die 100% sind, dann werde ich mich für mehr Klimaschutz entscheiden“ (Die Grünen- Vorsitzende Ricarda Lang auf tagesschau.de 16.1.2023)
„Und richtig war, die Gasmangellage, eine Energienotlage in Deutschland abzuwehren auch durch
die zusätzliche Verstromung von Braunkohle und hinten raus den Kohleausstieg vorzuziehen.“
„Nein, ich finde den Protest, wie er jetzt aufgesetzt wird, nicht richtig. Wir setzen den Kohleausstieg
im Westen 8 Jahre früher um und ich nehme an, die Bewegung, die jetzt in Lützerath demonstriert,
erwartet von mir, dass ich ähnliches auch im Osten versuche“ (Habeck, im heute Journal, 11.1.23)
„Aber am Ende braucht ein politisches Ziel in einer Demokratie eine Mehrheit. Und dabei helfen Protestformen, die verärgern nicht wirklich... Hier erleben wir eine Radikalisierung der Wenigen. Das ist schlecht... Wer Klimapolitik aus einer Minderheitenposition heraus betreiben muss, hat schon verloren.“ (Robert Habeck im Stern 1.12.22)
Was heißt das? Die regierenden Politiker
dann räumen sie den Protest „diskursiv“ ab, was die Polizei dann für sie praktisch erledigt.
Darüber wollen wir mit euch diskutieren, insbesondere darüber, wie die maßgeblichen Politiker dem Protest der Letzten Generation gegenüber treten.
Ort: | Hörsaalgebäude, Raum +2/0090, Biegenstraße 14, Marburg |
Zeit: | Mittwoch, 19. April 2023, 19:00 Uhr |
Natürlich steht das alles unter dem Motto, es ginge darum, den Ukrainern zu helfen. Wobei denn?
Natürlich heißt der Zweck: den Krieg beenden. Aber welcher Staat führt denn Krieg, damit er nie aufhört? Für alle gilt die selbstverständliche Randbedingung, und die gilt erklärtermaßen für Deutschlands Beihilfe auch: Ein Ende gibt es nur zu unseren Bedingungen. Genau die Absicht, möglichst schnell ans Ende zu kommen, macht Kriege scharf und zieht sie in die Länge.
Natürlich will niemand explizit die anfallenden Opfer. Aber die auf der feindlichen Seite schon, sogar möglichst viele davon; wofür sonst wären die gelieferten Waffen gut? Und die Opfer auf der eigenen Seite, der ukrainischen in dem Fall, heißen Helden, sterben den Heldentod – ist das etwas anderes als ein Ja dazu?
Aber was gibt es da überhaupt zu beweisen? Deutschland nennt klar und deutlich sein Kriegsziel: Russland darf nicht gewinnen. Es soll dermaßen verlieren, dass es zu einer Kriegsführung der jetzigen Art nicht mehr in der Lage ist. Dazu will Deutschland beitragen, was dafür nötig ist und was es leisten kann. Und wenn das Monate oder sogar Jahre dauert.Deutschland will den Krieg – bleibt gleichwohl die Frage:
Die offizielle Antwort besteht in der Zurückweisung der Frage. Mit der Benennung der Sache – „Putins grausamer Angriffskrieg“ – ist die Sache fertig: Wo DAS BÖSE zuschlägt, können DIE GUTEN nicht abseitsstehen. Für eine aufgeklärte Öffentlichkeit, die „einfache Antworten“ überhaupt nicht leiden kann, langt das. Nicht nur als Antwort, sondern für ein demonstratives, gerne aggressives Unverständnis, wie jemand da noch Fragen haben kann.
Der Standpunkt, der damit an die Stelle einer Antwort tritt, enthält einen moralischen Überschuss, der über den Krieg, den und wie Deutschland ihn will und führen lässt, deutlich hinausgeht: Man hat Moral genug für noch viel mehr davon. Man ist sich Angstfreiheit schuldig in der Atomkriegsfrage. Praktisch – und praktischerweise – natürlich auf Kosten der Ukraine bzw. ihrer Bewohner. Auf deren Kosten sind die Strack-Zimmermanns der Nation für so viel Krieg, dass die nationale Berechnung der Regierung bei ihrer antirussischen Kompromisslosigkeit glatt den Charakter der Zurückhaltung annimmt. Man ist nicht nur für den Krieg; man ist für mehr Krieg.
Bleibt gleichwohl die Frage: Warum? Wozu? Welchen nationalen Zweck, welche Staatsräson verfolgt Deutschland mit dem Krieg, den es will?
Eintriff frei!
Bitte beachten Sie die aktuell gültigen Coronaregelungen.
Bitte bleiben Sie bei Erkältungssymptomen zuhause.
Bitte tragen Sie zum eigenen Schutz und dem Anderer eine FFP2-Maske.
Referent: | Prof. Dr. Egbert Dozekal, Ffm |
Ort: | Hörsaalgebäude, Raum +1/0120, Biegenstr. 14, Marburg |
Zeit: | Mittwoch, 11. Januar 2023, 19:00 Uhr |
Veranstalter: | Gruppe GegenSatz Marburg – Analyse & Kritik |
Man kann gar nicht sagen, in diesem Disput hätte eine Seite recht und die andere nicht. Recht haben sie beide in dem Sinne, dass genau so die politische Betreuung der Wohnungsfrage im Kapitalismus geht: Ermächtigung und Beschränkung als Hebel der Politik. Unrecht haben sie insofern, als das ausgerufene Problem weder so noch anders garantiert nicht ‚gelöst‘ wird. Denn wo Grund und Boden durch die Macht des Staates zu privatem Eigentum gemacht sind und als stattliche Einkommensquelle lizenziert werden, sind die Ansprüche des Grundeigentums so unhintergehbar wie unvereinbar mit den Wohnansprüchen eines in der Erwerbsarbeit eingehausten Volkes und den Erträgen aus dieser seiner Einkommensquelle.
Die ‚Wohnungsfrage‘ ist deswegen so alt wie der Kapitalismus selbst und ist als solche überhaupt nicht ‚zu lösen‘.
Allen erregten Gemütern, die das – mindestens für ihren Kiez – unmöglich glauben können, und allen, die ansonsten an einer Kritik der politischen Ökonomie des Grundeigentums interessiert sind, können wir das beweisen …
Eintriff frei
Ort: | Marburg, KFZ, Biegenstraße 13 (im Erwin-Piscator-Haus) |
Zeit: | Dienstag, 14. Januar 2020, 19.00 Uhr |
Referent: | Ein Gastreferent der Zeitschrift GEGENSTANDPUNKT |
In Sachen Öl:
Die hiesige Öffentlichkeit ist sich einig: In Venezuela hat eine grundfalsche Politik ein „eigentlich reiches Land“ in den Ruin getrieben.
Ausgerechnet der chavistische Versuch, das Land aus der Rolle des Öllieferanten für den amerikanisch dominierten Weltmarkt zu befreien, soll
also das Volk verarmt und dem Land die „Zukunft“ geraubt haben.
Dagegen beweist das Scheitern dieses Versuchs, mit den Öleinnahmen Land und Volk aufzuhelfen, wie wenig „reich“ das Land in Wahrheit ist:
„Öl“ ist kein Reichtum in seiner Hand, sondern wird allenfalls in den kapitalistischen Metropolen zu einem solchen. Darum ist nicht nur jeder
Versuch einer Umwidmung in sich widersprüchlich, sondern wird von der Vormacht des Weltkapitalismus als Verbrechen definiert, das sie zum Scheitern verurteilt.
In Sachen Souveränität:
Die hiesige Öffentlichkeit ist sich einig: In Venezuela herrscht eine korrupte Mannschaft, die nicht von der Macht lassen will. Deren Inhalt und Zweck soll
deswegen gleich in gar nichts anderem als Unterdrückung bestehen. Weswegen auch die Anstrengungen, ihr diese Macht zu nehmen, im Prinzip in Ordnung gehen.
In Wahrheit ist es umgekehrt: Die USA sprechen der chavistischen Regierung die Legitimität ab. Das können sie, weil ihnen ihre Macht das Recht dazu gibt:
Als Vormacht, die über den anderen Herrschaften steht, entscheidet sie darum auch über deren Recht und Unrecht. Die absolut und allgemein gültige Messlatte
dafür ist ihr unbedingter Wille, eine eigenmächtige Zweckentfremdung ihres Dollars und Weltmarkts und den Kampf um nationale Eigenständigkeit gegen ihre
Vormachtrolle nicht zu dulden. Was für Lateinamerika heißt: Nationale Souveränität hat zusammenzufallen mit deren Diensten an den USA. Ein Widerspruch, eine
Zumutung für solche Länder? Sicher! Eine „unzulässige Einmischung“ der Weltmacht? Eher nicht, sondern eine Lektion darüber, wessen Mittel Dollar und kapitalistischer
Weltmarkt sind, weswegen sie auch als Waffe der USA dafür taugen, auf „regime change“ zu bestehen.
Damit erledigt sich aber auch die geschmäcklerische Frage, ob und wie ernst es Trump meint mit der Wiederherstellung von Demokratie und Legitimität. Die wirkliche Substanz
der hierzulande ausgiebig gepflegten Zweifel in dieser Sache kommt ja auch gar nicht aus den Ansichten über die venezolanischen (Un)Rechtsverhältnisse, sondern aus der Zumutung,
die Trumps VenezuelaPolitik für den imperialistischen Anspruch der europäischen Mächte darstellt.
Eintriff frei
Ort: | Marburg, Hörsaalgebäude Biegenstr. 14, Seminarraum +1/0120 |
Zeit: | Mittwoch, 20. November um 19:00 Uhr |
Referent: | Prof. Dr. Egbert Dozekal |
Sozialversicherungspflichtig beschäftigt? Herzlichen Glückwunsch!
Denn wenn man davon absieht,
und wenn man es gleichzeitig für ganz normal hält,
dann kann man es tatsächlich für ein Glück halten, dass man selbst zu denen gehört, um die sich der Staat mit seinen Versicherungen kümmert. Das erspart einem auch jeden Gedanken daran, warum er das und wie er das tut und was das alles über das wunderbare freiheitlichmarktwirtschaftliche System des Arbeitens und Arbeiten-Lassens verrät, das ohne eine gehörige Portion staatlich organisierter Zwangssolidarität offensichtlich nicht auskommt.
Und deswegen soll es auf unserer Veranstaltung genau darum gehen.
Referent: ein Redakteur der Zeitschrift GegenStandpunkt
Offener Brief an die "Fridays for Future"-Bewegung
Liebe Protestgemeinde!
1.
Dass die Zustimmung, die euch in der deutschen Öffentlichkeit und aus der Politik entgegenschlägt, nichts wert ist, werdet ihr selber schon gemerkt haben. Ihr werdet beachtet – und eingemeindet. Von Leuten und Instanzen, die in einem ganz anderen als einem theoretischen Sinn ‚etwas zu sagen haben‘; die nämlich mit dem, was sie sagen, teils mehr, teils weniger Macht ausüben – und mit dem Gebrauch ihrer Macht für genau die Zustände sorgen, gegen die ihr protestiert. Eingemeindet in eine öffentliche Debatte, deren Irrelevanz für den praktischen Gang der Dinge ihr zur Genüge erfahrt.
Es ist nicht bloß die hohe Kunst der Heuchelei, mit der ihr da – mal wieder – Bekanntschaft schließen dürft. Bemerkens- und bedenkenswert an den vielen heuchlerischen Grußadressen an euren Protest sind die Titel, die Gesichtspunkte, die großen Werte, unter denen ihr mit euren Demonstrationen gut gefunden werdet. So großartige Leerformeln wie "die Zukunft", "unser Planet", "kein Planet B", "die Natur", "die Menschheit" etc. pp. sind nicht bloß dafür gut, sie sind auch einzig und allein dazu da, über alle wirklichen Interessen und Interessengegensätze hinweg eine ganz tiefe und eigentliche Einigkeit vorzuspiegeln: einen übergreifenden, irgendwie verbindlichen gemeinsamen guten Willen. Der wird euch bescheinigt, wenn man solchen Parolen wie "…weil ihr uns die Zukunft klaut!" applaudiert. Und damit wird euch unter der Hand ein ganz mieses Tauschgeschäft angetragen: Großzügig wird anerkannt, dass ihr es doch gut meint – gut eben im Sinne eines höheren, unbezweifelbaren Werts –; dafür beanspruchen die, an und gegen die euer Protest sich richtet, ganz bescheiden die gleiche Anerkennung, nach dem Motto: "So gut wie ihr meinen wir es auch/schon lange/sowieso…!" (Und sie könnten sogar anschließen: Wo habt ihr eure Parolen denn her – wenn nicht von uns: "Zukunft", "Menschheit" und der ganze Rest!)
Das kann man also aus dem positiven Echo auf euren Protest lernen: Die Ideale einer intakten Welt, für die ihr euch starkmacht, sind nichts wert, weil sie sich über die wirklichen Machtinteressen und die damit verbundenen Gemeinheiten vornehm erheben und eine Gemeinsamkeit im Guten beschwören, die es nicht gibt – und die eben so hoch und vornehm und erhaben ist, dass sie von allen Seiten, aus entgegengesetzten Positionen und von den feindlichsten Parteien beschworen werden kann. Und auch beschworen wird; denn darin liegt der Wert der höheren Werte.
Das gilt entsprechend für das andere Kompliment, das ihr euch einhandelt: Ihr wärt die besorgte Jugend – politisch engagiert und viel besser als ihr Ruf: diese primitive Art der Vereinnahmung braucht man euch wohl nicht erst zu erklären! – und hättet mit der Forderung nach einer besseren Zukunft schon deswegen recht, weil ihr noch viel mehr davon vor euch habt als die Alten, denen ‚der Klimawandel‘ nichts ausmacht, weil sie mit einem Bein schon im Grab stehen. Man gibt euch recht, nicht weil ihr ein wichtiges Anliegen habt, das eure Sympathisanten und überhaupt die allermeisten Menschen aus begründetem Eigeninteresse zusammen mit euch durchkämpfen sollten, sondern weil man euch als besondere Gruppe mit einem eigenen Anspruch auf Würdigung und Respekt anerkennt. Als ‚Schüler und Studenten‘, als ‚die Jugend‘, womöglich als ‚Nachwuchs der Nation‘ lässt man euch, wohlwollend, protestieren: als speziellen gesellschaftlichen Stand, dem man – so wie allen anderen – spezielle Interessen konzediert. Auch das ist eine perfekte Abstraktion von der Sache, für die ihr euch – nehmen wir an – starkmachen wollt.
2.
Von welchen wirklich herrschenden Interessen und real existierenden Machtverhältnissen auf die Art abgesehen wird – sei es im Namen großer fiktiver Gemeinschaftsanliegen, sei es um eurer respektablen Identität als ‚die Jugend‘ willen –, das könnt ihr dem negativen Echo entnehmen, das euch und eurem Protest ja auch nicht zu knapp entgegenschallt. Natürlich strotzt das von reaktionärer Dummheit; aber wenn es bloß das wäre! Wenn die Dame von der AfD euren Protest für unbeachtlich erklärt, weil ihr noch nie eine Stromrechnung bezahlen musstet, oder wenn der junge Mann an der CDU-Spitze, gemeinsam mit den sozialdemokratischen Oberlehrern der Nation, euch ermahnt, erst einmal fleißig zu lernen, bevor ihr ‚auf die Straße‘ geht, dann könnt ihr merken, wie leicht der Ehrentitel ‚Jugend‘ – "Wir als Nachwuchs des Landes verdienen Gehör!" – sich umdrehen lässt: Der ehrenwerte Stand, als der man beachtet werden will, ist zugleich nur ein Stand unter vielen, hat seine Grenzen und außerdem seine vergleichsweise schwachen Seiten, kann also bestenfalls als eine Stimme unter vielen zählen und verdient allenfalls eine sehr bedingte Anerkennung. Wenn ihr dann zu hören kriegt, dass es doch ‚auch‘ auf die Arbeitsplätze in der Kohle- und Autoindustrie ankommt, die durch konsequenteren Klimaschutz in Gefahr gerieten, und auf die Konkurrenz mit anderen – natürlich noch viel schmutzigeren – Ländern, in der die eigene Nation ohne rücksichtslose Industriepolitik ins Hintertreffen gerät, dann ist das eine weitere sehr aufschlussreiche Lektion. Nicht in dem Sinn, dass man vor solchen Hinweisen strammstehen und die eigenen Interessen – und die Argumente, wenn man welche hat – gleich relativieren müsste. Zur Kenntnis nehmen sollte man stattdessen, mit welchen machtvollen Interessen und mit welchen Machtverhältnissen man sich tatsächlich schon dann anlegt, wenn man es mit Einwänden gegen die fortschreitende Ruinierung ganz vieler natürlicher Lebensbedingungen auch nur ein bisschen ernster meint als die Prediger im Feuilleton. Dann bekommt man es nämlich nicht mit einer Unterlassung zu tun, mit einem mangelnden guten Willen der politisch und ökonomisch Verantwortlichen. Die machen selber deutlich, und zwar mit ihrem "Nein!" zu eurem Protest wie mit ihrem "Ja, aber", dass die Welt, für die sie ‚die Verantwortung tragen‘, über die sie also die Regie führen, etwas ganz anderes ist als ein Stück missbrauchte oder vernachlässigte Natur. Nämlich ein globaler Markt, auf dem es in mehrfachem Sinn ums Geld geht, eingerichtet und aufrechterhalten durch Staaten, die mit ihrer Gewalt – in Konkurrenz gegeneinander, deswegen manche mit überhaupt nicht umwelt- und klimafreundlichen Atomwaffen – für die dazu passende Ordnung Sorge tragen. Mit all den sachdienlichen Hinweisen aus berufenem Munde wird euch doch erklärt, welchen Stellenwert menschliche Interessen, und zwar jeglicher Art, in diesem System haben.
3.
Ob ihr mit eurem Protest überhaupt an dieses System rühren wollt, darauf passt die zuständige öffentliche Gewalt, da könnt ihr sicher sein, sorgfältig auf. Einstweilen müsst ihr noch keine schlimmere Zurechtweisung erleben als den Rückverweis in den Freitagsunterricht. Die nächste Eskalationsstufe lauert da aber schon, wird zum Teil auch schon angekündigt – und von einigen von euch offenbar auch schon defensiv vorweggenommen: Wenn es mit dem Protestieren nicht aufhört, sondern, Gott bewahre, schlimmer wird, dann setzt es die Gewaltfrage. Das schöne freiheitliche Recht gibt genügend Gesichtspunkte her, um Proteste, die auch nur entfernt auf Durchsetzung eines Anliegens zielen, ganz praktisch, nämlich mit hoheitlich monopolisierter Gewalt darauf aufmerksam zu machen, dass die Durchsetzung, welcher Anliegen auch immer, ohne Wenn und Aber der öffentlichen Gewalt zu überlassen ist. Also der politischen Herrschaft, die den ganzen Laden so regelt und erhält und stabilisiert und gegen Anfechtungen schützt, wie er ist, und als das, was er ist: eine mehrstufige Konkurrenzschlacht um Macht und Geld.
Das ist freilich ein anderes Thema. Eines, das über die Sache mit dem Klima deutlich hinausgeht. Um das man als aufrechter Klimaschützer aber auch nicht ganz herumkommt. Außer man lässt sich vereinnahmen, von den Profis dieser Konkurrenz, die sich für ihre Sache so gerne mit ein bisschen jugendlichem Idealismus schmücken.
Wir laden zur Diskussion über diesen offenen Brief ein!
➪ Thesenpapier "Klimapolitik 2019: Schlecht gemachte Menschheitsrettung oder imperialistische Energiepolitik?"
Lesetipps zum Thema:
➪ Weltklimagipfel „gescheitert“ | GegenStandpunkt 1-10 |
➪ Leserbrief zum Artikel in 1-10 | GegenStandpunkt 3-10 |
➪ Imperialistische Konkurrenz um die lohnende Rettung des Weltklimas | GegenStandpunkt 1-14 |
➪ Die Konkurrenz um das wachsende Geschäft mit alternativen Energiequellen muss unvermindert weitergehen – das schuldet die Völkergemeinschaft der Rettung des Weltklimas |
GegenStandpunkt 1-16 |
➪ Trump sagt den Klimawandel ab | GegenStandpunkt 3-17 |
Referent: Ein Redakteur der Politischen Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt
Die US-Führung kündigt den Atomdeal mit Iran. Der Grund für ihr Ärgernis liegt weniger im Atomprogramm Irans als in dessen berechnendem Verzicht darauf. Denn alles, was die Unterzeichnermächte dem Iran für seinen Verzicht auf die Atombombe zugestanden hatten: die bedingte Lockerung der ökonomischen und militärischen Vernichtungsdrohung gegen das iranische Regime und die widerrufliche Neuzulassung des Landes zum Weltmarkt – erklärt die neue US-Regierung im nachhinein zur unverzeihlichen Schwäche der USA vor einem Feindstaat und vor den anderen Beteiligten – Rivalen und Verbündete schließt das gleichermaßen ein. Ein Sanktionsregime wird von den USA verhängt, das die ökonomischen Grundlagen des Feindstaats zerstören soll, damit die Quelle seiner Macht – und das alle Firmen und Staaten bedroht, die sich nicht an diese US-Vorgabe halten.
Damit wird eine Kündigung viel prinzipiellerer Art vorangetrieben: die der alten, im europäischen Rückblick beschönigend „regelbasiert“ genannten Weltordnung. Diese neue Linie Amerikas fängt sich den Vorwurf ein, mit Trump ziehe statt allseitig nützlicher Zusammenarbeit für eine friedliche Welt nun egoistischer Nationalismus, gar „Dollarimperialismus“ in die Welt ein. Das kann so nicht sein und wirft Fragen auf. Woher hat der US-Dollar die überlegene Macht, die Trump jetzt so rücksichtslos als Waffe einsetzt – doch wohl aus der bisher geltenden Weltordnung? Wenn Trumps Art, den US-Imperialismus mit Sanktionsregimen und Kriegsdrohungen voranzutreiben, auf die Stellung der USA in der bis gestern geltenden Weltordnung zurückgreifen kann – was verrät das über den politökonomischen Zustand der Welt und ihrer Konkurrenten? Und welche Veränderung bezweckt und bewirkt der neue Dollarimperialismus, der nicht nur auf die erklärten Feinde wie den Iran zielt, sondern auf alle ambitionierten Mächte in der internationalen Konkurrenz um ökonomische und strategische Macht?
Anmerkungen zur Kündigung des Atomabkommens mit Iran durch D. Trump
(Gegenstandpunkt 2-18)
Der US-Präsident kündigt den Atomdeal mit Iran, der auch und gerade in Deutschland als Meisterwerk europäischer Diplomatiund Vermittlungskunst gefeiert wird.
Im Artikel klärt die Redatktion des GegenStandpunkes darüber auf, dass dieser Vertrag ein durch und durch imperialistisches Machwerk war, mit dem von Beginn
an alle Parteien komplett entgegengesetzte Interessen verfolgt haben. Der Artikel beantwortet außerdem nicht nur, was Trump an diesem Deal so abgrundtief schlecht findet.
Er erklärt zugleich, was die europäischen Mächte an Trumps Kündigung so stört: Trump weist – einmal mehr – ihren Anspruch zurück, an der Seite der USA als „der Westen“ den Globus zu ordnen.
Der islamische Fundamentalismus (Gegenstandpunkt 1-95)
Die modernen Formen des religiösen Wahns: Die „Schafsnatur“ des Christenmenschen, seine kapitalistische Heimat und die fundamentalistischen Kritiker des Staates im Namen Allahs.
Algerien und Iran als Fallbeispiele.
‚American leadership‘ im Fall Iran: Die Erledigung einer Hauptgefahr für die US-Weltordnung (Gegenstandpunkt 2-12)
Mit der Politik des Iran stehen die Durchsetzungsfähigkeit der Weltmacht und damit die weltordnerische Wirksamkeit ihrer militärischen und ökonomischen Macht in mehrfacher
Hinsicht vor einer Bewährungsprobe:
Die Islamische Republik Iran entzieht sich seit 1979 amerikanischem Einfluss und setzt ihre eigene Staatsräson dagegen. Der Erfolg der Revolution, die mit dem Sturz des Schah
und seiner Günstlinge der „Fremdherrschaft über die Wirtschaft des Landes“ und der Verwestlichung der Sitten des Landes ein Ende setzen wollte, ist in Gestalt eines Gottesstaats
gesichert worden. Der lebt zwar nach wie vor von Öleinnahmen, besteht aber darauf, seine Macht nicht wie der Vorgänger den USA, sondern einem anderen höheren Wesen zu verdanken.
Dementsprechend hat er sich die Befreiung aus den Fängen der Weltmacht und Eigenständigkeit ihr gegenüber in allen Belangen zum Programm gemacht. Den staatlichen Nutzen verfolgt
er nach seiner Räson: Mit dem Öl soll eine eigene Ökonomie und ein Staatswesen neuer Art aufgebaut werden, das nicht westlichem Vorbild folgt, sondern die religiöse Versittlichung
der Gesellschaft in Angriff nimmt. Damit ist den USA das Recht auf Einmischung auf allerhöchster Ebene, deren Werten die Allgemeingültigkeit bestritten. Von diesem Sendungsbewusstsein
getragen, wendet sich der Staat nach außen, sagt Amerika und seinen Verbündeten den Kampf an und sucht sich für sein Anliegen Bündnispartner. Er versucht, in der Region Einfluss zu gewinnen:
indem er prowestliche arabische Machthaber zu willfährigen US-Lakaien erklärt, in deren Ländern Unruhe stiftet – ein Beispiel: die Besetzung der Großen Moschee von Mekka 1979 – bzw. damit
droht und unterdrückte schiitische Minderheiten unterstützt; indem er die US-Hinterlassenschaften in Irak und Afghanistan nicht ihrem Schicksal überlässt, sondern nach Kräften betreut;
und vor allem: indem er gegen den „Zionismus“ agitiert und verschiedene palästinensische Gruppierungen unterstützt. Sein Präsident nimmt es sich heraus, in der UNO die Staatenwelt gegen
Israel und zu mehr Anti-Amerikanismus aufzuhetzen. Und schließlich nimmt Iran auch noch Einfluss auf die Preisgestaltung und die Förderpolitik der OPEC.
mit Redakteuren der Politischen Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt
Was spricht eigentlich gegen diese Standpunkte? Die antirechten Gegenparolen jedenfalls nicht:
Aber vielleicht spricht ja etwas anderes für die weltoffene Heimatliebe; dann wüssten wir gerne, was.
Über Die Fehler des rechten Denkens und die verkehrte Kritik daran diskutieren wir mit allen Interessierten.
Und so weiter und so fort.
Das sind die gängigen Sprachregelungen der pro-europäischen Mehrheit der herrschenden Politik im Lande Sie haben den Vorteil größter Eindeutigkeit – bezüglich der Parteinahme für „Europa“ nämlich, von der sie ganz selbstverständlich ausgehen. Ein paar Fragen werfen sie aber auch auf:
Unsere zentrale These dazu lautet: Wenn die Zuständigen der europäischen Führungsmacht Deutschland angesichts von Trumps ‚America first‘-Politik eine Besinnung auf „gemeinsame Interessen und die Verantwortung Europas für die Welt“, also die neue Dringlichkeit des europäischen Zusammenhalts beschwören – dann nehmen sie mit ihrem Projekt ‚vereintes Europa‘ Maß an der Vormacht der USA und sehen sich herausgefordert, den von ihnen geführten Staatenblock als Waffe für die Konkurrenz gegen die amerikanische Weltmacht voranzubringen.
Wegen des Klimas kümmern sich verantwortungsbewusste Staatenlenker um eine Neuausrichtung ihrer Energiepolitik, so hört man.
Entziehen kann sich dem keiner, weil doch alle vom Klimawandel betroffen sind – beweisen sollen das steigende Meeresspiegel und kräftigere Hurricanes.
Wir halten beides für verkehrt. Klimapolitik betreiben die Staaten wegen des internationalen Anspruchs ihrer Energiepolitik. Von der machen sie sich wechselseitig betroffen und versuchen deshalb, Abhängigkeiten zu stiften, denen kein Partner entkommt. Schöner als in das „Menschheitsproblem Klima“ kann man diesen weltpolitischen Anspruch nicht verpacken.
Im Herbst 2015 erwischt die US-Umweltbehörde einen VW-Diesel mit dem 30-fachen der vom US-Umweltrecht erlaubten Stickoxid-Menge. Im Sommer 2017 wird in Deutschland ein Autogipfel anberaumt, den Politik und Indust-rie für dringend nötig halten, weil das „Vertrauen“ in die deutsche Schlüsselindustrie und damit in den Industrie-standort überhaupt beschädigt ist.
Um wessen „Gesundheit“ soll man sich da Sorgen machen?
Die Nation ist sich einigermaßen einig, dass als Grund der Malaise auf Seiten der Vorzeigeindustrie beispielloses „Fehlverhalten“ bzw. „Versagen“ inklusive „krimineller Energie“ vorliegt, begleitet von großen „Versäumnissen“ der Regierung wegen „zu großer Nähe“ zur Industrie, so dass die nötige Kontrolle und Aufsicht über die Automanager durch verantwortliche Politiker fehlt.
Wo kommt bloß die Macht und Wirksamkeit der deutschen Autoindustrie her, die die deutsche Politik kontrollieren soll?
All die Vorwürfe münden einsinnig in Plädoyers für den zukünftigen Erfolg dieser Industrie, schließlich hängt das Wohl der ganzen Nation davon ab, bilanziert in den Millionen Arbeitsplätzen. Diesen Schluss ziehen alle - Politiker, Öffentlichkeit, Arbeiter-Organisationen - aus der Abhängigkeit des nationalen Lebensprozesses von dem deutschen Industriekomplex „Automobil“.
Worin besteht diese Abhängigkeit und was spricht für sie?
Auf unserer Veranstaltung am Dienstag, 20. März, soll es vor allem auch um folgende Fragen gehen:
Referent: Ein Redakteur der Zeitschrift GegenStandpunkt
Linke Vertreter der Idee meinen, dass die Armut, die in unserer Marktwirtschaft Marke BRD heimisch ist, angesichts beeindruckender Warenberge und Produktivkräfte eigentlich überflüssig und die Möglichkeit ihrer glücklichen Überwindung deswegen mit Händen zu greifen ist: Mit der passenden Dosis Umfairteilung wollen sie dem Kapitalismus die Bedrohung durch Armut abhandeln, die so vielen seiner Insassen zu schaffen macht.
Solche wohlmeinenden Ideen fangen sich seit jeher von den ideellen wie den wirklichen Sachwaltern der ‚herrschenden Zustände‘ mit dem Verweis auf eben diese ‚herrschenden Zustände‘, die ‚nun mal‘ so sind, wie sie sind, ihren antikritischen Konter ein: Sie beißen sich an der unumstößlichen marktwirtschaftlichen Realität einfach die Zähne aus und ihre Vertreter blamieren sich als realitätsferne Träumer – was ganz selbstverständlich für die ‚Realität‘ und gegen die Verbesserungsideen sprechen soll.
Doch mittlerweile hat das bedingungslose Grundeinkommen neue, mächtige Freunde gewonnen: In Davos und anderswo wird der Vorschlag von Industriekapitänen und Konzernvorständen selbstbewusst aufgegriffen und als Antwort auf die ‚Probleme‘ ihrer schönen neuen ‚Arbeitswelt 4.0‘ ins Spiel gebracht – die sie in den goldenen Zeiten digitalisierter Weltmarktkonkurrenz mittels Massenentlassungen und Niedriglöhnen auch weiterhin tüchtig herzustellen gedenken.
Und auch die Politik denkt über das Grundeinkommen nach; darüber nämlich, ob es nicht ein zeitgemäßer Ersatz für die ein oder andere kompliziert konstruierte Sozialkasse sein könnte – und kündigt damit an, sich machtvoll um alle Probleme zu kümmern, die ihr aus Armut und Existenznot erwachsen, mit denen sie auch in Zukunft ganz fest rechnet. Ausgerechnet am berechnenden Gequatsche von Unternehmern und Politik über das Grundeinkommen wäre also zu lernen, wie verbissen die Macher des Kapitalismus darauf bestehen, dass Armut und Wachstum untrennbar zusammengehören.
In die Debatte, ob die schöne Idee des bedingungslosen Grundeinkommens durch die unverhoffte Schützenhilfe nun endlich möglich oder in den ‚falschen Händen‘ missbraucht wird, mischt der Vortrag sich nicht ein. Der Vorschlag ist weder zu bescheiden, noch unrealistisch und schon gar nicht menschengerecht – sondern ein einziger, fataler Irrtum über den Charakter von Arbeit und Reichtum in dieser Gesellschaft.
Wer Antworten haben will auf Fragen wie:
... der wird sich auf unserer Veranstaltung schlecht bedient finden. Wir können nämlich die Debatten über die (Un-)Gerechigkeit von Einkommen und ihren Unterschieden nicht ausstehen.
Denn die Rechts- oder Unrechtsurteile, die da gefällt werden, sind erstens praktisch belanglos.
Zweitens sind sie theoretisch beliebig: Gegen jede Beschwerde über Ungerechtigkeiten beim Einkommen gibt es garantiert eine passende Verteidigung, die genauso logisch
oder unlogisch ist.
Und drittens wird bei solchen Debatten die einzige Frage nie gestellt, die wirklich fällig wäre: Warum passen Beruf und Einkommen für so viele Leute so
schlecht zu den Notwendigkeiten und Freiheiten, die das Einkommen, erworben durch Einsatz von Lebenszeit und -kraft, doch bezahlen muss und soll?
Können wir eine Alternative bieten? Ja!
Erstens die abschließende Kritik des Vorurteils, letztlich müsse doch irgendwie zu haben und zu finden sein, was keine praktische Erfahrung jemals bestätigt oder belegt
hat: eine echte, logisch und moralisch nachvollziehbare Entsprechung von individueller Tätigkeit und Bezahlung.
Und zweitens ein paar Hinweise darauf, für welche Dienste woran die Bewohner der Marktwirtschaft - vom Minilöhner bis zum Manager - ihr Geld tatsächlich kriegen.